Die Gedanken sind frei? Nein: patentiert!

Das European Patent Litigation Agreement (EPLA)

Seit Frühjahr 2006 arbeiten die EU-Gremien an einer „Initiative zur Stärkung des geistigen Eigentums“. Es geht darum, den Erwerb von Patenten und die Verfolgung von Patentverletzungen zu vereinfachen.

Wenn man sich die konkreten Vorschläge durchliest, ist nirgendwo von Software die Rede. Stattdessen findet man bei genauem Lesen heraus, daß als rechtsverbindliche Grundlage für alle europäischen Länder die Erteilungspraxis des Europäischen Patentamts (EPA) vorgesehen ist.

Diese Praxis lautet: Software-Patente nach US-Vorbild werden erteilt. Bisher sind es ca. 65000. Wenn die Patentierung in Zukunft vereinfacht werden soll, ist mit einem rasanten weiteren Anstieg dieser Zahl zu rechnen.

Bisher sind EU-Software-Patente nicht durchsetzbar. Laut Artikel 52 der Europäischen Patentübereinkunft (EPÜ) sind Patente auf Programme für Datenverarbeitungsanlagen und mathematische Formeln nicht zulässig. Das EPA hat diese 65000 EU-Software-Patente somit rechtswidrig erteilt.

Das EPA begründet seine Rechtsbeugung, indem es die Klausel „Programm als solches“ in Art. 52 EPÜ so auslegt, daß nur ein Patent auf ein Programm auf Datenträger nicht zulässig sei, ein Patent auf das Ausführen der Software auf einem Computer hingegen sehr wohl.

Ob ein auf diese Weise erteiltes Software-Patent in der Praxis Bestand hat oder nicht, entscheidet sich allerdings letztendlich vor Gericht. In der Vergangenheit haben nationale Gerichte – z.B. der Bundesgerichtshof – einige Patente mit der Begründung annulliert, daß es sich bei dem patentierten Gegenstand um reine Logik und Rechenregeln handelt, also um Software, die laut Artikel 52 EPÜ nicht patentfähig ist.

Software-Patente durch die Hintertür

Durch ein neues europäisches Abkommen, das European Patent Litigation Agreement (EPLA), soll nun ein spezieller Gerichtshof, das Europäische Patentgericht eingeführt werden, der in europäischen Patentfragen das letzte Wort hätte.

Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß sich ein derartiges Gericht eng am Europäischen Patentamt orientieren und teilweise sogar personell mit dem Europäischen Patentamt identisch sein wird. Damit würde de facto die Erteilungspraxis des EPA rechtsverbindlich werden, ohne daß nationale Gerichte noch eine Möglichkeit hätten, einzugreifen.

Die bereits erteilten 65000 EU-Patente auf Software-Ideen, Geschäftsmethoden und mathematische Formeln würden damit auf einen Schlag gerichtlich durchsetzbar.